Samstag, 31. März 2012

TV 2.0 und Ballhaus: Fragen über Fragen

Vor rund einem Jahr fragte LeuphanaWatch nach Freundschaftsdiensten beim Fernsehen 2.0. Zuletzt war das Inkubatorprojekt bei uns etwas ins Hintertreffen geraten. Diesen Fehler möchten wir korrigieren und ein paar Fragen in den Raum stellen.

Wo ist Kenup und wo ist die Plattform für Studenten?
Vor vielen Monaten hieß es:
Keller sieht daher zwei für Medienunternehmen zentrale Forschungsfragen: Wie können Nutzer in die Produktion eingebunden werden? Und welche Geschäftsmodelle lassen sich entwickeln?
Mit dem Sender, der im Oktober (2010, LW) unter dem Namen Kenup starten soll, geht Keller dem nach. (1)
Auch für Studenten versprach Keller vollmundig:
Dafür wird eine Sendeplattform mit Studios und kompletter Technikausrüstung gebaut, die auch für studentische Projekte offen ist. (2)
Wo ist der Sender? Was ist mit der Plattform, die Keller im Interview mit der univativ versprochen hat? Und wo sind die Millionen, die in das Projekt fließen? Was ist damit bislang passiert?

Wo ist Projektleiter Michael Ballhaus und wo sind die angekündigten Projekte?
Gastprofessor Ballhaus wollte sehr aktiv werden:
"Prof. Ballhaus wird auf dem Gebiet der Nachhaltigkeitsforschung ein Projekt gemeinsam mit Wissenschaftlern der Leuphana vorantreiben. Seine im Jahr 2007 ins Leben gerufenen Umweltinitiative „The Future is now“ e.V. verfolgt das Ziel, mit Hilfe kurzer Filme breite Aufmerksamkeit für ein klimabewusstes Verhalten zu erreichen. Ein Team aus fünf Nachwuchswissenschaftlern der Leuphana wird ihn künftig dabei unterstützen, die Themen und Skripte für die Kurzfilme fachlich überprüfen und Vorschläge zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Filmreihe entwickeln." (3)
War Michael Ballhaus jemals in Lüneburg, abgesehen vom Pressetermin? Lehrveranstaltungen macht er derzeit scheinbar nicht. Wo ist denn die Zusammenarbeit mit der Nachhaltigkeitsforschung? Haben die überhaupt schon mal was von Ballhaus gehört? Wo sind die neuen Verwertungsmodelle, wo die neuen Formate und Technologien. Das Projekt leitet Ballhaus doch nun schon seit über einem Jahr.
Und weiter: Wo sind die neuen Filme auf der Webseite www.the-future-is-now.de? Dort stehen seit einem Jahr die gleichen Filme zur Verfügung, teils aus dem Jahr 2008. Verändert hat sich seit dem rein gar nichts. Was hat das Projekt bitte mit der Region und der Förderung ihrer Wirtschaft zu tun?

Hat Michael Ballhaus überhaupt Zeit für "sein" Inkubatorprojekt?
Tatsache jedenfalls ist, dass Gast-Professor Ballhaus zugleich an 2 weiteren Universitäten beschäftigt ist. Das ist zumindest im Internet nachzulesen. Ballhaus hat, in Lüneburg hat davon nur niemand Kenntnis genommen, in München die Leitung einer Abteilung der Hochschule für Film und Fernsehen übernommen. Auf deren Webseite steht es schwarz auf weiß:
Zum Wintersemester 2010/ 2011 hat Prof. Ballhaus an der Hochschule für Fernsehen und Film München die Abteilungsleitung der Abt. VII, Kamera übernommen. (4)
Dazu kommen die Verpflichtungen an der Hamburg Media School, wo Ballhaus seit 2009 die Kameraabteilung des Studiengangs Film leitet.
Der bedeutendste und international erfolgreichste Kameramann Deutschlands, Michael Ballhaus, wird ab dem 1. Oktober 2009 die Kameraabteilung des Studiengangs Film an der HMS leiten. (5)
Ist es zeitlich überhaupt möglich, dass Ballhaus zusätzlich noch im Inkubator wirkt? Oder wollte sich die Leuphana Universität Lüneburg wieder einmal nur mit einem großen Namen schmücken?

Fungierte der Name Ballhaus aus Türöffner für Timon Beyes?
Sollte Michael Ballhaus tatsächlich gar nicht ernsthaft involviert sein (wie es den Anschein hat), dann wird es interessant: Timon Beyes leitet dann quasi allein das Moving Image Lab / Fernsehen 2.0 (6). Professor wurde er aber erst, als er das TV2.0 und die Millionen Forschungsgelder längst eingesackt hatte. Immerhin ist um das Fernsehen 2.0 mittlerweile ein ganzer Inkubatorschwerpunkt "Digitale Medien" (7) entstanden, das "Team" von Beyes hat beachtliche Größe (6). Erstaunlich, dass jemand ohne Professur so fantastisch ausgestattet wird. Vielleicht war dazu der Name Ballhaus nötig, um dem mit Sascha Spoun und Holm Keller gut bekannten Beyes ein millionenschweres Forschungsprojekt "genehmigen" zu können? Bei einem Promi wie Ballhaus entstehen vielleicht weniger Fragen. Ob es auch ohne Ballhaus für den Inkubator gereicht hätte?

LeuphanaWatch wartet auf Antworten.

Quellen:
(1) http://www.zeit.de/2010/30/Privat-TV-Lueneburg#comments
(2) http://www2.leuphana.de/univativ/?p=336
(3) http://www.leuphana.de/aktuell/leuphana-magazin/ballhaus-wilson.htm
(4) http://www.hff-muenchen.de/studium/3/abteilungsleiter/index.html
(5) http://www.hamburgmediaschool.com/newsundpresse/pressemitteilungen/mitteilungen/2009/06/MichaelBallhaus.php
(6) http://www.leuphana.de/inkubator/digitale-medien/moving-image-lab/team.html
(7) http://www.leuphana.de/inkubator/digitale-medien.html

Kein Hauch von 68: Auswege (3/3)

LeuphanaWatch beendet mit einem letzten Teil seine Reihe über den Essay "Kein Hauch von 68" [1] der Senatoren Maset und Steinert im Magazin "Kultur & Gespenster" [2]. Sie unternehmen einen "zweistimmigen Versuch zur unlustigen / irrsinnigen / wahnwitzigen Lage an den deutschen Hochschulen" [1] am Beispiel der Leuphana Universität Lüneburg. LeuphanaWatch berichtete bereits über die von den Senatoren beobachtete Übernahme der Hochschulen und über Leuphana als Viagra der Exzellenzinitiative. Im letzten Teil der Reihe geht es nun um Fluchträume für kritische Geister und die Frage, wie fatale Entwicklungen korrigiert werden können.

Auswege

Die Senatoren beschreiben zunächst noch einmal den derzeitigen Gefühlszustand vieler Menschen in der deutlichen Hochschullandschaft und dessen Konsequenzen.
"Diese Handlungsohnmacht lässt selbst gewillte Geister in Reglosigkeit erstarren. So bleibt der Sturm auf die Ministerien bisher aus und die inhaltlich-politischen Aushandlungen finden zugunsten ökonomischer Lösungen nicht statt. Die eigene Unsicherheit und die fremde Übermacht sind mittlerweile so groß, dass Wissenschaftler zu bloßen Theoretikern mutieren, die kritische Inhalte als Lehrstoff rezitieren, aber nicht mehr auf die Handlungsebene übertragen. Das macht geistige Errungenschaften gleichgültig und zu konsumierbaren Häppchen. In den Seminarräumen lernen die Studierenden, wie sich der praktische Anspruch in Luft auflöst, während Diskurse auf Aussagen fremder Köpfe beschränkt bleiben. Intellektualität kann hier verbreitet nur noch in einem mentalen Untergrund überleben, da sie sonst von den »Weltgestaltern« als »kreatives Potenzial« technokratisch erfasst und outputmäßig vernutzt wird." [3]
Maset und Steinert verweisen auf "Nicht-Sichtbarkeit" und "Nicht-Identifizierbarkeit" als mögliche Handlungsmaximen. Darin sehen sie für Intellektuelle im aktuellen Umfeld die einzige Überlebenschance [3]. Perspektivisch kann das jedoch nicht zufrieden stellen. Es sind deshalb Lösungen gefragt. Die Verfasser entwickeln daher fünf Ansätze. LeuphanaWatch stellt sie vor:

1) Wissenschaft zurück in die Gesellschaft
Pierangelo Maset und Daniela Steinert fordern, dass Wissenschaft (wieder) zu einem gesamtgesellschaftlichen Thema werden muss. Dabei sei die Verankerung in der Gesellschaft zu thematisieren.
"Um Hochschulen nicht zur Zuchtanstalt einer gleichförmigen Elite verfallen zu lassen, muss die Diskussion um die gesellschaftliche Verankerung von Hochschulen zwischen Staatsferne, Autonomie und Wirtschaftseinfluss aufgenommen werden – um sie denjenigen zu entreißen, die mit dem Kampfbegriff der Autonomie die Angst vor staatlichen Übergriffen schüren, um sich selbst Vorteile zu verschaffen." [3]

2) Worthülsen enttarnen, neue Begriffe und freie Organisationen schaffen
Eine besondere Bedeutung wird der Entzauberung der leuphanisierten Sprache beigemessen. Dabei muss es darum gehen, angemessene Begriffe zu finden. Sie sollen Ziele beschreiben und nicht verschleiern.
"Fight Newspeak! Was an den Hochschulen (und im gesamten Bildungswesen) passiert, müssen wir neu zu benennen lernen: Die Vokabeln des New Management sind sprachkritisch auseinanderzunehmen. Neue Begriffe sind zu finden, um die Verhältnisse zu beschreiben und für neue Aushandlungen zu öffnen." [3]
Die Verfasser denken an Begriffe wie "Neuausrichtung", die beispielsweise mit "Übernahme" übersetzt werden könnten [4].

3) Fluchtlinien für den Geist
Widerständigem Handeln muss ein Sinn zugeordnet werden. Er muss über ein in der aktuellen politischen Lage absehbares Scheitern hinausreichen.
»Solange der Widerstand keine absehbaren Chancen hat, faktisch neue Bedingungen zu setzen, die das politische System zur Veränderung zwingen, solange es allenfalls das System zwingt, auf die in ihm eingebauten Zwangsmechanismen zurück zu greifen, stehen alle Aktionen in der Ambivalenz zwischen Willensbekundung und Systemveränderung. In der gegenwärtigen Phase kommt es darauf an, diese Ambivalenz zu stabilisieren und ihr dadurch ein Veränderungspotential abzugewinnen. Die Ambivalenz stabilisieren: das bedeutet, den Widerstand mit einem Selbstbewusstsein führen und das Widerstandspotential mit einem Selbstbewusstsein ausstatten, das es erlaubt, die Bereitschaft zum Widerstand auch über dessen voraussehbares Scheitern hinweg zu retten.« [5]
Ei "noch in den Spiegel schauen können" könnte als Anstoßmotivation herhalten.

4) Das Außen suchen
Als Schlüssel zur Lösung der verfahrenen Lage sehen Maset und Steinert den Weg in die Öffentlichkeit. Nur durch diese könne gesellschaftlicher Druck entstehen, der von außen Veränderungen erzwingt.
"In einem geschlossenen, dogmatischen System führt nur der Weg in die Öffentlichkeit zu einem Wandel, da jeder interne Partizipationsversuch an den Machtstrukturen scheitert. (...) Denn die größte Chance liegt in externem – politischem und zivilgesellschaftlichem – Druck: Die Totalität des Systems wird untergraben, indem die Marke Schaden zu nehmen droht. Auf diesem Weg ist es möglich, den Profilierungszwang gegen sich selbst auszuspielen." [6]

5) Neue Formen von Meuten und Schwärmen
"Arm, aber sexy!" Was für die Hauptstadt gilt, könnte auch an Hochschulen zur Leitidee werden. Das mag überraschen, aber die Verfasser meinen:
"Unter den derzeitigen Umständen sollten die Bildungsinstitutionen lieber offensiv das Hohelied der Armut anstimmen und sich von der hinterhältigen, geistestötenden und spießigen Unternehmens- und Exzellenz-Ausrichtung abwenden. Denn diese ist nichts anderes als eine Sackgasse. Außerdem: Ein guter, geistreicher Satz pro Semester ist wichtiger als das Drittmittel-Geflacker der Technokraten, aus deren Projekten nur in den seltensten Fällen interessante Forschung entsteht." [7]
Ein geändertes Verhältnis zum Streben nach Drittmitteln reicht allerdings nicht aus. Maset und Steinert fordern mehr, nämlich Eigeninitiative. Was innerhalb des Bildungssystems nicht mehr möglich sei, müsse temporär außerhalb organisiert werden.
"Wo es nötig ist, den Geist zu retten, müssen sich Forschende, Lehrende und Studierende sowie Schüler und Menschen aller Gesellschaftsbereiche zusammenschließen, um in freien Organisationen das wiederzubeleben, was das Bildungssystem einzulösen nur noch verspricht: einen partizipativen, offenen und diskursiven Raum, der Bewusstsein ermöglicht." [8]

Fazit:
Mit all ihren Vorschlägen möchten die Senatoren dabei helfen, ein Widerstandsgefühl zu schaffen. Dieses ist schließlich Grundvoraussetzung dafür, dass nötige Veränderungen überhaupt thematisiert werden. Und die Möglichkeit von Veränderungen ist Anlass zu Hoffnung. Denn:
"Ein Zurückfinden zur Wissenschaft in ihrer unteilbaren Eigenschaft als kritische Praxis bietet den Boden für die Überwindung der unternehmerischen Hochschule." [8]

Nachweise
[1] Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "Stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83
[2] http://www.kulturgespenster.de
[3] Seite 81
[4] Seite 81 f.
[5] Worte der "Politischen Universität Frankfurt von 1968", zitiert nach Seite 82
[6] Seite 82
[7] Seite 82 f.
[8] Seite 83

Freitag, 30. März 2012

Leuphana-Denkerei: unter Freunden

Die Leuphana Universität Lüneburg kooperiert mit der Denkerei, dem Amt für Arbeit an unlösbaren Aufgaben und Maßnahmen der hohen Hand in Berlin. Die derzeit scheinbar recht einseitige Nutzenverteilung dieser Kooperation ist überaus pikant. Über den Kooperationsvertrag entschied allen Anschein nach das Präsidium. Senat und andere Gremien wurden erst nach Abschluss informiert (1). Vizepräsident Holm Keller soll eine entscheidende Rolle bei der Einfädelung des Deals gespielt haben (2). Und das, wo im Personal der Denkerei alte Bekannte von Keller anzutreffen sind! Es ist eine Konstellation, die für Gesprächsstoff sorgen könnte. Dabei ist es nicht der erste Fall, in dem personelle Überschneidungen ans Licht kommen.

Denkerei-Denker und Philosoph Peter Sloterdijk leitet die staatliche Hochschule für Gestaltung (HfG) in Karlsruhe (3). Diese ist mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) eng verbandelt, welches von Denkerei-Kollege Peter Weibel geleitet wird (4). Beide Personen sind keine Unbekannten, waren gemeinsam mit Vizepräsident Holm Keller bei der Bewerbung der Stadt Karlsruhe zur europäischen Kulturhauptstadt 2010 aktiv (5). Keller holte sie dann auch in die Berufungskommission für Daniel Libeskind an die Leuphana Universität Lüneburg, als zuverlässige Personen nötig waren (ohne Libeskind kein Audimax). Der ASTA schrieb dazu:
"Alle drei externen Mitglieder (dieser Berufungskommission, LW) haben schon mit Daniel Libeskind gemeinsame Projekte durchgeführt: Der Philosoph Peter Sloterdijk mit Spoun, Keller und Libeskind an der Uni St. Gallen. Peter Weibel mit Keller und Libeskind bei der Bewerbung von Karlsruhe zur Kulturhauptstadt 2010. (...) (6)"
Karlsruhe scheint die entscheidende Schnittstelle zu sein. An der HfG betrieb auch Daniel Libeskind ein "Research Studio" (7) und war dort Professor (8). Es erscheint wahrscheinlich, zumindest nicht ausgeschlossen, dass Keller aus seiner Zeit in Karlsruhe auch Ober-Denker Bazon Brock kennt. Der leitet dort einen Studiengang und bildet mit Sloterdijk und Weibel zusammen "Profi-Bürger" aus (9, 10). Auch Denkerei Mitgründer Wolfgang Ullrich hat eine Professur an der Hochschule in Karlsruhe (11).

Fast entsteht der Eindruck, ein paar untereinander bekannte Personen hätten sich gemeinsam mit ihrer Denkerei nach Berlin aufgemacht. Als Privatvergnügen quasi, alles selber und privat bezahlt (10). Aber warum dann die Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg und nicht mit der Hochschule in Karlsruhe? Die hätte sich doch angeboten, wo das Spaß-Amt die Ergänzung eines ihrer Studiengänge sein soll. Vielleicht sieht man in Karlsruhe so viel Überschneidung zwischen öffentlichen Funktionen und privatem Vergnügen nicht so gern? Hinzu kommt, dass Bazon Brock nach eigener Aussage bislang immer nur Geld von "ein paar Freunden" bekommen hat (10). Die Leuphana Universität Lüneburg mit ihrer scheinbar indirekten finanziellen Unterstützung der Denkerei erwähnte Brock in einem Interview zur Eröffnung des Amtes nicht (10). Warum?

LeuphanaWatch fragt: Ist Bazon Brock da ein Fehler unterlaufen und er hat die Kooperation glatt vergessen (obwohl sie sogar an der Fassade in Berlin steht)? Vielleicht zählt die Leuphana Universität Lüneburg jetzt auch schon zum Freundeskreis? Oder wird die Unterstützung gar als persönlicher Beitrag von Holm Keller zum Projekt gewertet?

Belege:
(1) Das legt das Protokoll des Senats vom 16.11.2011, Punkt 3.7 nahe.
(2) LeuphanaWatch dankt für den Hinweis. Keller trat auch bei der Eröffnung für die Leuphana Universität Lüneburg auf (siehe http://www.bazonbrock.de/werke/detail/?id=2575).
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Staatliche_Hochschule_f%C3%BCr_Gestaltung_Karlsruhe
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Zentrum_f%C3%BCr_Kunst_und_Medientechnologie
(5) http://www1.karlsruhe.de/Aktuell/News05/jury_2010.htm
(6) http://www.asta-lueneburg.de/fileadmin/images/asta2_0/sonderausgabe_campusentwicklung_online.pdf - Seite 32
(7) http://www.hfg-karlsruhe.de/features/daniel-libeskind-research-studio.html
(8) http://daniel-libeskind.com/daniel
(9) http://de.wikipedia.org/wiki/Bazon_Brock
(10) http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1622358/
(11) http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Ullrich_%28Kunsthistoriker%29

Mittwoch, 28. März 2012

Leuphana-Denkerei: einseitige Kooperation

Zum Jahresanfang berichtete LeuphanaWatch über die "Denkerei / Amt für Arbeit an unlösbaren Aufgaben und Maßnahmen der hohen Hand" und warf einige dringliche Fragen auf. Beantwortet sind sie nicht, aber es gibt neue. Sie rücken das Spaß-Amt nicht gerade in besseres Licht.

Im Dezember 2011 fand die Eröffnung statt, von der einige Bilder im Internet verfügbar sind (1). So zerren beispielsweise zwei Männer an einem verknoteten Seil. Ein dritter versucht mit einem Schwert das Seil zu durchtrennen. Ein Mann mit schwarzem Rollkragenpullover, Polizeimütze und (scheinbar?) einem umhängenden Holzkreuz filmt angestrengt (2). "Experimentelle Geschichtsschreibung" nennen das die "Denker vom Dienst". Ist es der wissenschaftliche Anspruch der Leuphana Universität Lüneburg? Immerhin geht sie in ihrer Denkerei einer weltbewegenden Frage nach: "Konnte Alexander der Große den gordischen Knoten mit einem Schwert durchschneiden?" (2) Anwesend sind auch einige "Größen" aus Lüneburg, wie die Fotos belegen (1).

Jeden Monat eine Veranstaltung, das scheint das Motto des "Amtes für Arbeit an unlösbaren Aufgaben und Maßnahmen der hohen Hand" zu sein. Januar: "Imaging Sciences" mit Ausstellung "Bombs and Candies." Handgranaten mit Bonbons. Februar: "literarische Aktion" im "Schaltjahr der Theorie-Geschichte". März: "Bewegungen gen Mitternacht" (3). Hat schon Personal der Leuphana Universität Lüneburg eine Veranstaltung angeboten? Bislang nicht. Werden die Veranstaltungen auf der offiziellen, leuphanisierten Webseite der Denkerei (4) beworben? Bislang nicht. Auch in mystudy finden sich keine Hinweise. Veranstaltungen der Denker vom Dienst in Lüneburg sind bislang ebenfalls unbekannt (5).

Es stellt sich dringend die Frage, welchen Nutzen die Leuphana Universität Lüneburg bislang von ihrer Kooperation mit der Berliner Denkerei am Oranienplatz hat. Da hilft es auch nicht, dass über mystudy auf die Januar-Veranstaltung in Berlin hingewiesen wurde (6). Kann eine eMail nur zwei Tage vor dem Termin der über zweihundert Kilometer entfernten Veranstaltung mehr als eine Alibifunktion erfüllen? Vielleicht mag der reiselustige Holm Keller kurzfristig in die Hauptstadt fliegen. Für alle Normalsterblichen ist nicht einmal mehr der Sparpreis der Bahn zu buchen.

Im Senat hieß es zu den Vorteilen für die Leuphana Universität Lüneburg im Herbst 2011:
"Die Kooperation (...) eröffnet (...) die Möglichkeit, in Veranstaltungen in der Bundeshauptstadt auf Arbeiten unserer Universität aufmerksam zu machen. Sie ermöglicht den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unserer Universität darüber hinaus, gemeinsame Forschungs- und Transferprojekte auf den Weg zu bringen. (7)"
Bislang ist davon nichts zu sehen. Welche Verpflichtungen die Leuphana Universität Lüneburg übernommen hat, wurde erst aus der Antwort auf eine darauf folgende Anfrage deutlich:
"(Name entfernt, LW) berichtet, dass er aus vertraulichen Quellen erfahren habe, dass im Rahmen der Eröffnung der Leuphana Repräsentanz „Die Denkerei“ in Berlin drei Stellen eingerichtet wurden und fragt in diesem Kontext an, ob diese Stellen durch die Leuphana Universität Lüneburg alimentiert werden?
P Spoun antwortet, dass die Leuphana Universität keine Stellen in der Denkerei einrichtet. Die Leuphana Universität zahlt für die Nutzung der Räumlichkeiten in Berlin keine Miete, übernimmt aber als Gegenleistung die Verwaltung der Drittmittel für das „Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand“. (8)"
Die Leuphana Universität Lüneburg richtet also keine Stellen in der Denkerei ein. Werden denn in Lüneburg neue Stellen nötig? Unbeantwortet! De facto erspart die Leuphana Universität Lüneburg jedenfalls der Denkerei wohl nicht unerhebliche Personalkosten. Und das Amt für Arbeit an unlösbaren Aufgaben hat anscheinend einen weiteren, ganz entscheidenden Vorteil.
"Allerdings gibt die Lüneburger Hochschule nicht nur ihren guten Namen (...), sondern auch steuersparende Anerkennung: Durch den "Anschluss an die Leuphana" sei "die Gemeinnützigkeit des Amtes bekundet", erklärte Bazon Brock auf einer Internetseite. (9)"
Die "Denker im Dienst" der Denkerei am Oranienplatz scheinen also auch noch kräftig Steuern zu sparen, wenn die Informationen der HAZ stimmen. Für sie sind die Vorteile der Kooperation also ziemlich greifbar. Das Gegenteil ist für die Leuphana Universität Lüneburg bislang der Fall.

Belege:
(1) http://www.bazonbrock.de/werke/detail/?id=2575 / Für Fotos auf den Pfeil in der unteren, rechten Ecke klicken.
(2) http://www.bazonbrock.de/werke/detail/?id=2575§id=2270#sect
(3) http://www.bazonbrock.de/arbeit-an-unloesbaren-problemen/
(4) http://www.leuphana.de/denkerei
(5) mystudy enthält dazu keinerlei Hinweise. Auf der Webseite (4) ist nichts vermerkt.
(6) eMail vom 24.01.2012 "[Newsletter "Präsidium"] Veranstaltung in der Denkerei: Imaging Sciences"
(7) Protokoll des Senats vom 16.11.2011, Punkt 3.7
(8) Protokoll des Senats vom 07.12.2011, Punkt 4.2
(9) "Lüneburg hebt ab. Universität Leuphana lässt künftig in Berlin denken - während zu Hause die Korruptionsprüfer anklopfen", Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ), 26./27.11.2011, Seite 1

Dienstag, 27. März 2012

Die Leuphana-Audimax-Marke

Manchmal sind gar nicht viele Worte nötig, um den Sinn und die grundlegende Ideologie eines Projekts zu beschreiben. Die Beschreibung des im April stattfindenden Seminars "Landmark Architecture" von Holm Keller und Daniel Libeskind ist in dieser Hinsicht ein Glücksfall. Selten ist die Hauptfunktion des geplanten Audimax so klar dargestellt worden.
In den letzten Jahren wurden für verschiedenste Unternehmen und Institutionen „Leuchtturm-Gebäude“ errichtet - Gebäude mit eigenständiger Strahlkraft, oft nach Entwürfen namhafter Architekten. In der Regel beeinflusst ein derartiges Gebäude, spätestens mit der Inbetriebnahme, die Marke des Bauherrn bzw. Hauptnutzers. Auch das Zentralgebäude der Leuphana Universität ist ein großer öffentlicher Neubau, den unsere Universität errichtet in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Niedersachsen, Landkreis und Hansestadt Lüneburg, der evangelischen und katholischen Kirche sowie den jüdischen Gemeinden Niedersachsens. Es entsteht ein modernes nachhaltiges Universitätsgebäude mit überregionaler Bedeutung.

In diesem Seminar werden Studierende gemeinsam mit dem Architekten Daniel Liebeskind das Spannungsverhältnis von Institutionen- und Gebäudemarken anhand des Leuphana Zentralgebäudes beleuchten. Es werden die Erfolgspotentiale und Treiber der baulichen Markeninszenierung betrachtet, Zielgruppen zur Vermarktung von Architektur bestimmt, ein Marketing- und Merchandisingkonzept abgeleitet und zuletzt werden konkrete neuartige und zukunftsweisende Marketingmaßnahmen für öffentliche Großbauprojekte entwickelt.

Das Seminar richtet sich an Studierende, die konzeptionelle, gestalterische und praktische Fähigkeiten bündeln wollen. Gefordert werden Vorstellungsvermögen, Kreativität, Gestaltungswille und Teamgeist. Innerhalb des Seminars werden die Studierenden zielgruppenspezifische Marketingmaßnahmen für öffentliche Gebäude erarbeiten, Prototypen entwickeln und ihre Konzepte und Lösungen präsentieren. Dabei werden sie in ihrem kreativen Prozess von Daniel Libeskind und Holm Keller begleitet. Die Ideen und Konzepte des Seminars sollen in die Marketingaktivitäten zum neuen Zentralgebäude einfließen. (1)
LeuphanaWatch fragt: Hat eine Universität nichts besseres zu tun?

(1) https://mystudy.leuphana.de/personAnzeigen/?person_id=898

Samstag, 24. März 2012

Kein Hauch von 68: Viagra der Exzellenzinitiative (2/3)

LeuphanaWatch setzt seine Reihe über den Essay "Kein Hauch von 68" [1] der Senatoren Maset und Steinert im Magazin "Kultur & Gespenster" [2] fort. Sie unternehmen einen "zweistimmigen Versuch zur unlustigen / irrsinnigen / wahnwitzigen Lage an den deutschen Hochschulen" [1] am Beispiel der Leuphana Universität Lüneburg. LeuphanaWatch berichtete in der vergangenen Woche bereits über die von den Senatoren beobachtete Übernahme der Hochschulen. Dass beide Verfasser eine kritische Sichtweise haben dürfte hinlänglich bekannt sein. In dieser Woche steht daher mehr ihre Beobachtung der Situation an der Leuphana Universität Lüneburg im Fokus und weniger die Beurteilung selbiger. Es wird erneut versucht, durch Schlaglichter auf einzelne Passagen eine inhaltliche Annäherung an den Kern des umfangreichen Gesamttextes zu schaffen.

Das Viagra der Exzellenzinitiative
"Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich mitten auf einem Campus und sind umgeben von nagelneuen Luxuskarossen und eleganten Anzugtragenden, die mit einheitlichen Aktentaschen am makellos jungen Körper gen Hörsaal streben. Einlass auf dem Campus wurde Ihnen per identity card gewährt und beim Betreten des Hörsaals bekommen Sie nicht nur eine Gratis-Cola in die Hand gedrückt, sondern auch vor Beginn der Vorlesung einen bunten Werbespot aufs Auge.
Nun stellen Sie sich vor, dass diese verfilmte Satire (www.leuphana.de.vu) aus ursprünglich kritischer Feder stammt, aber vom amtierenden Präsidenten der Leuphana (Universität Lüneburg) als erfolgreiche >>virale Kommunikationsstrategie<< zugunsten der Bildungsanstalt gelobt wird. Vergegenwärtigen Sie sich, dass sich Menschen, die den Film als offizielles Hochschulmarketing interpretierten, locken ließen und sich erst daraufhin an der Hochschule bewarben. Wo befinden wir uns, dass eine solche Ironie das Versagen des deutschen Bildungssystems zugunsten elitärer Allüren dokumentiert?" [3]
Markanter lassen sich die Veränderungen der Leuphana Universität Lüneburg im Zuge der sogenannten "Neuausrichtung" - früher auch "Leuphanisierung" genannt - nicht darstellen. Diese Veränderungen verstehen Pierangelo Maset und Daniela Steinert "gemessen an diskursiven, demokratisch konstituierten Universitäten" als einen "Akt der feindlichen Übernahme." [3] Aber auf welchen Beobachtungen basieren ihre Beurteilungen und Analysen?

Die Senatoren weisen prominent auf das Spannungsfeld zwischen Freiheit und den vor allem organisatorischen Vorgaben der Leuphana Universität Lüneburg hin.
"Die Leuphana will eine wegweisende Einrichtung zur Gestaltung der Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts sein, eine Brutstätte von Exzellenz, eine Gemeinschaft, die im Zusammenhalt Großes erreichen will. Dem vermeintlich Freiheitlichen aber korreliert ein Fundament, welches reglementierende, außeruniversitäre Wertigkeiten in die Institution betoniert." [3]
Die vermeintlich freiheitliche Entwicklung wird in ein Zwangskorsett gezwängt. Die Persönlichkeit soll in mundgerechten Häppchen entwickelt werden. Die Vorgaben sollen "fehlerhafte" Entwicklungen verhindern und die Nutzung der Freiheit in eine festgelegte, eine "sinnvolle" Richtung lenken.
"Die emotional bindenden Kernbotschaften der Marke (Leuphana, LW) sprechen den Menschen individuell-persönlich an und erwecken den Schein einer freiheitlichen Selbstverwirklichung. Parallel dazu wird jedoch nicht nur die Zeit der Studierenden und Lehrenden durch getaktete Stundenpläne, überfrachtete Studiensysteme sowie ständige Leistungskontrollen rationiert und besetzt, sondern auch die Persönlichkeit als solche fest definiert: Kompetenzvorgaben zerteilen und reduzieren Menschen auf messbare >>skills<<, die in serviceorientierten und standardisierten Modulen erlernt werden." [4]
Die "Lenkung" der freiheitlichen Entfaltung sowohl von Studenten als auch von Dozenten sehen die Verfasser im Wesentlichen u.a. durch die Notwendigkeiten der Markenbildung begründet. Diese kann leicht scheitern, wenn zu viele Individuen ausscheren.
"(...) die gemeinsame Ausrichtung der Universitätsmitglieder [ist] Voraussetzung dafür, die Marke >>Leuphana<< einheitlich und somit glaubwürdig führen zu können. Die Achillesferse der unternehmerischen Hochschule ist somit der Spagat zwischen dem Versprechen einer persönlichen Entwicklung und der Notwendigkeit einer intakten Marke, alle Mitglieder müssen in den Kanon der propagierten Werte einsteigen." [4]
Um Probleme mit der aufwändig aufgebauten Marke Leuphana Universität Lüneburg zu vermeiden und die Zielsetzung der unternehmerischen Hochschule zu verwirklichen, findet eine grundsätzliche Wandlung des wissenschaftlichen Gemeinwesens statt.
"Die Hochschulleitung übernimmt weitestgehend die Handlungsmacht, macht den Fakultäten die bisherigen Hoheitsrechte wie beispielsweise Berufungen streitig, selektiert Fachbereiche nach Effizienzkriterien und zerstört durch den entstehenden internen Konkurrenzkampf die Wissenschaftsgemeinschaft." [5]
Im Sinne einer gezielten Steuerung von Entscheidungen muss auch die "Wunderwaffe" gesehen werden:
"Besonders kennzeichnend aber ist das Schüren der Angst vor einer Schließung der Universität. Diese Gefahr aber verleiht der Machtfrage messianische Züge." [6]
All dies kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Es wirkt sich auf dem Wege einer "weichen Steuerung" auf die Mitglieder der Hochschule aus.
"Die verfassungsrechtlich festgelegten Rechte und Pflichten der Freiheit von Forschung und Lehre werden dabei in der Praxis durch die informellen Regeln des Leistungsprinzips und der Gefolgschaft nach und nach außer Kraft gesetzt." [5]
Maset und Steinert wollen festgestellt haben, dass die Leistungskultur eindimensional auf das kapitalbringende Ergebnis ausgerichtet ist, aber als "System der Freiheit" umgedeutet wird [5]. Dieses vermeintlich freiheitliche System treibt absurde Blüten: Es führt zu einer Trennung zwischen den in Forschung und Lehre propagieren Inhalten und dem eigenen Handeln. Das verdeutlichen die Verfasser am Beispiel der Kunst an der Leuphana Universität Lüneburg.
"Was wird in einem System totaler Nutzbarmachung aus der Kunst? An der Leuphana entschwindet Kunst als kritische Bestandsaufnahme von Gesellschaft und Kultur zu einer Fata Morgana, was durch Begriffe wie >>Kreativitätswirtschaft<< (...) deutlich wird, in deren Wirrnissen sich auch viele der Lehrenden verstrickt haben." [6]
Als Beispiel verweisen Maset und Steinert auf einen Antrag auf Fördermittel des Innovationsinkubators, den LeuphanaWatch im vergangenen Herbst veröffentlichte. Weiter heißt es dann mit Bezug auf die Kunst, aber sicherlich mit einer auf andere Bereiche übertragbaren Bedeutung:
"Vorgeblich das Progressive propagiert, aber dann doch mitgeholfen, der (...) >>neoliberalen Invasion<< zum Erfolg zu verhelfen! (...) Die Doppelstrategie besteht darin, einerseits (...) als >>kritische Akteure<< mit avanciertem Bewusstsein aufzutreten, andererseits aber genau das mit zu fördern und zu verteidigen, was doch eigentlich im Zentrum ihrer Kritik stehen müsste." [7]
LeuphanaWatch meint: Es wäre interessant zu wissen, ob die Beobachtungen unabhängig von der persönlichen Bewertung von breiten Teilen der Leuphana Universität Lüneburg geteilt werden. Oder herrscht gar eine gänzlich andere Wahrnehmung vor und bereits die Beobachtungen sind Gegenstand des Streits zwischen den Fraktionen? Wie könnte eine gemeinsame Feststellung des Ist-Zustandes und der ablaufenden Mechanismen aussehen? Es sind solche Fragen, die zu beraten sein werden. Sonst wird es nicht gelingen auf eine Ebene der inhaltlichen Debatte zurückzufinden. Und die ist nach Monaten erbitterter Grabenkämpfe dringender denn je zu führen. Die Senatoren Maset und Steinert haben mit ihrem Diskussionsbeitrag einen Anstoß gegeben. Möge er aufgegriffen werden.

Im dritten und letzten Teil dieser Reihe geht es in der nächsten Woche um Fluchträume für kritische Geister und die Frage, wie fatale Entwicklungen korrigiert werden können.

LeuphanaWatch-Leseempfehlung:
Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83 (erhältlich z.B. am Bahnhofskiosk, bei Unibuch, per online-Bestellung oder über die Fernleihe der Bibliothek)

Nachweise
[1] Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "Stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83
[2] http://www.kulturgespenster.de
[3] Seite 73
[4] Seite 74
[5] Seite 75
[6] Seite 78
[7] Seite 79

Freitag, 23. März 2012

EU-Korruptionsbekämpfer ermitteln weiter

Im letzten Jahr besuchten die Korruptionsbekämpfer der EU (OLAF) für mehrere Tage die Leuphana Universität Lüneburg. Sie ermittelten in Sachen Audimax, bei dem mehrere Millionen Euro aus EU-Förderung verbaut werden sollen. Anfang dieses Monats berichtete nun die Hannoversche Allgemeine (HAZ), dass OLAF weiter ermittelt. Dazu schreiben die Kollegen:
"Die Behörde hat Landtagspräsident Hermann Dinkla angeschrieben und gebeten, in die vertraulichen Protokolle der Sitzungen des Landtags-Wissenschaftsausschusses Einblick nehmen zu können. Eigentlich steht dies Außenstehenden nicht zu (...) (1)"
Diesem Anliegen ist der Landtag jetzt nachgekommen, wie die LZ berichtet.
Der Wissenschaftsausschuss hat sich jetzt dafür ausgesprochen, Akten über die Leuphana an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) weiterzugeben. Konkret geht es um "nicht-öffentliche Niederschriften und eine Vorlage zum geplanten Neubau eines Zentralgebäudes". (2)
Scheinbar ist der Verdacht der Korruptionsbekämpfer bislang nicht ausgeräumt.

(1) http://www.haz.de/Nachrichten/Der-Norden/Uebersicht/EU-Ermittler-pruefen-Bau-der-Uni-Lueneburg
(2) "Uni-Akten nach Brüssel", LZ vom 20.3.12. auf S. 3

Donnerstag, 22. März 2012

"Tofu ist schwules Fleisch": Empörung über Leuphana-Erfinder

Die Werbeagentur Scholz & Friends hat die Marke "Leuphana" erfunden. Jetzt stehen die Werbemacher unter heftigem Feuer. Grund ist eine Werbekampagne für eine Steakhauskette, die mit markigen Sprüchen aufwartet.

Auf einem Holzbrett liegt ein Steak, darauf eingebrannt sind verschiedene Aussagen. Ethisch zweifelhafte Aussagen wie „Wenn man Tiere nicht essen soll, warum sind sie dann aus Fleisch?“ (1) mögen Tierschützer auf die Palme bringen. Ein wahrer Sturm der Empörung brach jetzt über Scholz & Friends für folgende Aussage los:
„Tofu ist schwules Fleisch“ (1)
Im Internet ist die Aufregung groß, Schwulenverbände und die Politik sind empört. Im Internet wird gar zum Boykott der Steakhauskette aufgerufen. (1) Gegenüber der Hamburger Morgenpost (MOPO) fasst der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) zusammen:
„Schwule seien keine richtigen Männer, Lesben keine richtigen Frauen, Tofu kein richtiges Fleisch – wer so etwas denkt, ist nicht ganz bei Trost“. (1)
Besonders pikant für Scholz & Friends ist, dass die Steakhauskette jede Verantwortung von sich weist. Sie hat zwar die Kampagne freigegeben, aber das Motiv "Tofu ist schwules Fleisch" abgelehnt. Durch ein "Missverständnis" bei der Werbeagentur ist es aber trotzdem an die Öffentlichkeit gelangt. (1)

Auf den Wirbel angesprochen geben sich die Leuphana-Erfinder kleinlaut. Scholz & Friends würde die Aussage nach eigener Auskunft heute nicht mehr so machen und bedauert, Gefühle verletzt zu haben. (1)

Mehr bei den Kollegen der MOPO.

(1) http://www.mopo.de/nachrichten/hamburger-werbeagentur-am-pranger--tofu-ist-schwules-fleisch---riesen-zoff-um-diese-werbung,5067140,11947678.html

Mittwoch, 21. März 2012

ASTA & STUPA: Campushotel endgültig begraben

Im Februar berichtete LeuphanaWatch darüber, dass der Bebauungsplan für die Leuphana Universität Lüneburg geändert werden soll. Grund ist ein falsch geplanter Bürgersteig. Jetzt haben ASTA und Studentenparlament dazu Stellung genommen. Zum Bürgersteig äußern sie sich dabei nicht, denn sie haben ein ganz anderes Anliegen. In der Stellungnahme heißt es:
Im Bebauungsplan findet sich, neben den drei Alternativen zum Bürgersteigverlauf, auch ein Sondergebiet "Hotel / Parkhaus". Neben dem Zentralgebäude als Veranstaltungszentrum war auch ein Tagungshotel geplant, um BesucherInnen unterbringen zu können. Die Pläne, ein Hotel auf dem Campus zu errichten, wurden im Dezember 2010 vom Stiftungsrat verworfen. Der Stiftungsrat verwies auf die Möglichkeit, ein Hotel außerhalb des Universitätsgeländes zu realisieren. Nach Meinung des AStA sollten die Flächen auf dem Campus für universitäre Nutzung zur Verfügung stehen. Fremdnutzungen sind zu vermeiden, um Entwicklungspotenziale der Universität langfristig zu sichern. Der aktuelle Raummangel der Universität kann nicht beseitigt werden, wenn potentielle Erweiterungsflächen an andere Zwecke gebunden sind, vor allem in Anbetracht der Zentralisierungspläne der Universität auf den Campus Scharnhorststraße. Daher sollte das aktuelle Sondergebiet "Hotel / Parkhaus" umgewidmet werden zum Sondergebiet "Universität / Parkhaus".

Da ein Änderungsverfahren zum Bebauungsplan stattfindet, fordern wir, dass diese Fläche in Zukunft der universitären Nutzung offensteht und im aktuellen Planänderungsverfahren umgewidmet wird. Quelle: ASTA
Mit ihrem Anliegen bleiben die Studentenvertreter ihrer Forderung treu, nicht universitäre Nutzungen vom Campusgelände fernzuhalten. In ihren Augen handelt es sich bei solchen Nutzungen um eine Platzverschwendung, welche die langfristigen Entwicklungspotenziale der Leuphana Universität Lüneburg einschränkt (LeuphanaWatch berichtete). Vollkommen zu recht verweisen die Studenten darauf, dass der Stiftungsrat vor über einem Jahr den Hotelplänen einen Riegel vorschob.

Es wird interessant sein, ob die Studentenvertretung bei der Hansestadt Lüneburg Gehör findet. Sie hat jedenfalls ein mehr als deutliches Zeichen gesetzt, dass es ihr mit ihrem Anliegen ernst ist: Die Stellungnahme wurde einstimmig vom ASTA und dem gesamten Studentenparlament verabschiedet - in den vergangenen Wochen war das Parlament eher durch gegenseitige Blockade der beiden politischen Blöcke aufgefallen. In dieser Sache ziehen jetzt alle an einem Strang. Das hat beim Campushotel Tradition. Auf den Webseiten des ASTA zur Campusentwicklung finden sich genügend Beispiele für die harte Linie der Studentenvertreter:
Mindestens ebenso interessant wie das Verhalten der Hansestadt dürfte selbiges der Leuphana Universität Lüneburg sein. Der Stiftungsrat hat das Hotel bekanntlich schon zu den Akten gelegt, zuletzt hatte Vizepräsident Holm Keller argumentativ auf die Linie der Studentenvertretung eingeschwenkt. Jetzt kann er beweisen, dass es ihm mit der neuen Linie ernst ist:

LeuphanaWatch ruft die Entscheidungsträger dazu auf, sich dem sinnvollen Anliegen der Studenten anzuschließen.

Für Stiftungsrat und Präsidium bietet sich die Chance, bei den schärfsten Kritikern verlorene Sympathien zurückgewinnen. Und das ganz ohne schwierige Zugeständnisse, denn auf ein Hotel auf dem Campus hat man ja bereits verzichtet. Jetzt folgerichtig die Planung zu ändern wäre die logische Konsequenz. Alles andere wäre ein Eingeständnis, dass man noch immer am irrsinnigen und nicht zukunftsfähigen Hirngespinst eines Hotels auf dem Campus festhält.

Sonntag, 18. März 2012

Neuer ASTA setzt auf Dialog, aber muss auch streiten

Die neuen Sprecher des ASTA (LeuphanaWatch berichtete) setzen auf eine "Strategie des Dialogs". Das berichtet die Landeszeitung (1). Insgesamt will der ASTA weniger nach außen wirken, sondern sich auf die Studenten fokussieren. Er will neue Aktive gewinnen, sich dabei insbesondere um Masterstudenten bemühen und auch in Volgershall und im Roten Feld präsent sein (1).
"Wir wollen uns als offen präsentieren, alle Studenten ansprechen und erklären, was der AStA ist und was er tut", sagt Tanja Mühle. (1)
Auch einige Themen benennt das neue Spitzentrio: mit dem Präsidium über einen achtsemestrigen Bachelor sprechen, am autoarmen Campus mitarbeiten, die Busanbindung verändern und an der Raumplanung der Leuphana Universität Lüneburg mitwirken (1). Der Fokus des neuen Personals scheint sehr klar: Mitarbeit, Gespräche, Kooperation. Das sieht auch die LZ:
Die neuen Studentenvertreter kündigen an: Sie setzen auf eine Strategie des Dialogs, sowohl mit den Studenten als auch mit der Hochschulleitung. Mit dem Uni-Präsidenten Sascha Spoun habe bereits ein konstruktives Gespräch stattgefunden, berichtet Kevin Kunze. Auch mit dem Ombudsmann des Präsidiums, Thies Reinck, wollen sich die Studentenvertreter intensiv austauschen. Der Akzent scheint auf Gesprächen zu liegen statt auf Grundsatzkritik. (1)
LeuphanaWatch denkt: Es ist sinnvoll, mit wichtigen Amtspersonen Gespräche zu führen. Nur so ist es auch möglich, neue Ideen in den Umlauf zu bringen und diese näher zu erläutern. Nur dürfen Gespräche nicht als inhaltliche Position angesehen werden, sondern als Mittel zum Zweck. Wichtig ist dabei, die eigenen Positionen unmissverständlich zu vertreten und für die eigenen Ziele einzutreten. Es dürfen nicht aus falscher Rücksicht auf eine wenig greifbare "Gesprächsatmosphäre" Abstriche an der eigenen Position erfolgen - oder Themen gar nicht erst angesprochen werden. Wenn Grundsatzkritik nötig ist, dann muss sie auch erfolgen. Gegen Kompromisse und gemeinsame Teilziele ist nichts einzuwenden, aber Kompromisse bedeuten immer Bewegung bei allen Gesprächspartnern. Es bleibt abzuwarten, ob eine solche Bewegung bei unterschiedlichen Auffassungen in zentralen Fragen auf Seiten des Präsidiums zu beobachten sein wird.

Dialog oder Konfrontation, in jedem Fall ist dem neuen ASTA eine ausgeprägte Streitkultur zu wünschen:
Streitkultur zu besitzen bedeutet: mit Worten und Medien den eigenen Standpunkt vertreten zu können, ohne dem Anderen abzusprechen, dass auch er einen abweichenden Standpunkt besitzt und besitzen darf. Streitkultur schließt ferner die Überzeugung ein, dass der Streit grundsätzlich Positives bzw. Bedeutendes hervorbringen kann, da er alte Normen und Fakten in Frage stellt und nach der Möglichkeit von Alternativen Ausschau hält, unabhängig davon wie nützlich oder angemessen das Bewährte auch ist. (2)
In einer demokratischen Gesellschaft haben Menschen verschiedene Meinungen, die Demokratie lebt von politischer Auseinandersetzung. Deshalb ist eine gesunde Streitkultur wichtig und wenn nötig sollte ein Streit auch geführt werden. Das muss keine Verschlechterung des Gesprächsklimas bedeuten, wenn alle beteiligten Parteien den Wert des Streits teilen. Es ist zu hoffen, dass die neuen ASTA Sprecher diese Erfahrung machen können. Tritt aber eine Ablehnung inhaltlichen Streits bzw. eine dadurch bedingte Klimaverschlechterung auf, dann heißt es Flagge zeigen und trotzdem Standpunkte vertreten. Auch wenn der angestrebte Dialog dadurch schwieriger oder unmöglich wird.

Nicht überall sind der inhaltliche Streit und die Kompromissuche akzeptiert: In autokratischen Systemen wird ein Streit um inhaltliche Positionen als "Schwächung der Gemeinschaft bzw. als Abweichung von akzeptierten und stabilisierenden Normen gewertet." (2) Damit dürfte sich eine Studentenvertretung aber keinesfalls arrangieren. Ihr kommt immerhin zu Gute, dass es in unserer Gesellschaft für streitbare Positionen weithin große Unterstützung quer durch die politischen Lager gibt. "Kuschelpolitik" steht nicht so hoch im Kurs, wie es manchmal den Anschein hat oder wie einige Menschen glauben oder glauben machen wollen. Das gilt gerade auch in Hochschulen, die um den richtigen Weg in die Zukunft ringen müssen. Zur Bedeutung von Kontroverse sagte vor Kurzem noch der CDU-Politiker Kurt Biedenkopf:
Gott sei Dank sagt mal jemand Dinge, die kontrovers sind. (...) Ohne Streit gibt es keinen Fortschritt. Ohne Streit gibt es keine Bewegung in der Gesellschaft. Ohne Streit gibt es auch keine Reformen. Also es muss gestritten werden und wir werden in den nächsten Jahren viel mehr streiten müssen als es uns lieb ist. (3)
In diesem Sinne wünscht LeuphanaWatch dem neuen ASTA viel Streit mit dem Präsidium.

(1) http://www.landeszeitung.de/lokales/lueneburg/news/artikel/trio-setzt-auf-strategie-des-dialogs/
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Streitkultur
(3) Zum Bundespräsidenten Gauck, in der Sendung "Maybrit Illner" am 15.03.12 ab Minute 40: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/414#/beitrag/video/1594906/maybrit-illner:-Gauck-for-President

Freitag, 16. März 2012

Kein Hauch von 68: Übernahme der Hochschulen (1/3)

Der Präsident einer Hochschule freut sich über bundesweite Publicity, aber beim Blick in die aktuelle Ausgabe des Magazins "Kultur & Gespenster" [1] dürfte Sascha Spoun das Blut in den Adern gefrieren. Unter dem Titel "Kein Hauch von 68" [2] rechnen zwei Lüneburger Senatoren mit dem deutschen Hochschulwesen ab. Ihr Beispiel: die Leuphana Universität Lüneburg. Prof. Dr. Pierangelo Maset und die studentische Senatorin Daniela Steinert unternehmen einen "zweistimmigen Versuch zur unlustigen / irrsinnigen / wahnwitzigen Lage an den deutschen Hochschulen" [2]. Mit provokanten Thesen fassen sie durchaus pointiert, aber trefflich ihre Sicht der Dinge zusammen. LeuphanaWatch berichtet in einer kurzen Reihe über den lesenswerten Essay und versucht durch Schlaglichter auf einzelne Passagen eine inhaltliche Annäherung an den Kern des umfangreichen Gesamttextes.

Übernahme der Hochschulen

Zunächst widmen sich die Verfasser der allgemeinen Entwicklung des Hochschulsystems, welches sich nach ihrer Ansicht von der Öffentlichkeit kaum registriert dramatisch verändert.
"Weitgehend unbemerkt von einer größeren Öffentlichkeit oder lediglich Achselzuckend kommentiert, hat sich in den letzten Jahrzehnten ein einschneidender Wandel in unseren Bildungsinstitutionen vollzogen, ein Wandel, der für die zukünftige gesellschaftliche Entwicklung heftige Auswirkungen haben wird. Die Reformen, die im Zeichen des sogenannten Bologna-Prozesses gegenwärtig eine Überbietung aller Bürokratie-Albträume realisiert haben, verbanden konsequent das bürokratische italienische Hochschulsystem mit dem kontrollintensiven angelsächsischen. (...) Dabei hat die EU sich niemals auf ein gemeinsames - inhaltliches - Verständnis von >>Bildung<<, >>Wissenschaft<< oder etwa >>Qualität<< geeinigt. Vielmehr ist sie eben auch hier nur eines: eine Wirtschaftsgemeinschaft, die Strukturen Output-orientiert gestaltet und umformt." [3]
Derartige Veränderungen fassen Maset und Steinert unter dem Schlagwort der "unternehmerischen Hochschule" zusammen. Diese verdrängt Mitbestimmung sowie die Freiheit von Forschung und Lehre zunehmend durch Bürokratie und Verwertungslogik. Im Alltag ist der Wandel deutlich spür- und sichtbar:
"Im Zentrum der >>unternehmerischen Hochschule<< stehen nicht mehr vorrangig Erkenntnis und Wahrheitssuche, sondern zunehmend die Einwerbung von Mitteln und der Vertrieb der Marke sowie das gehetzte Ringen um mediale Aufmerksamkeit. Hart erarbeitete Steuergelder werden an peinliche Marketingabteilungen verteilt, die statt dem Ziel, einer chancengerechten Wissensvermittlung zu dienen, mit hohlen Werbeslogans ein >>Ringen um Talente<< entfesseln." [4]
Eine den Hochschulen bislang fremde Kultur hat Einzug gehalten, die eindeutig durch den Diskurs der BWL geprägt ist. Sie wird zwangsläufig zu einer Zerstörung des Zielbildes der "demokratischen Hochschule" führen.
"Exzellenz-Rhetorik, begleitet von durch BWL-Kennzahlen korrumpierte Forschung und Lehre halten ihren Einzug in die Hochschulen ebenso wie ununterbrochene Preisverleihungen und sinnwidrige Prestigeprojekte: (...) Von der Exzellenzinitiative bis zur Einäscherung eines freiheitlich-demokratischen Bildungswesens ist es jedoch nur noch ein kleiner Schritt. Ein Schritt, der stets begleitet ist von Kosten-Nutzen-Rechnungen, Stärken-Schwächen-Gegenüberstellungen und den viel zitierten >>Qualitätssicherungen<<." [5]
All das geht an den Angehörigen der deutschen Hochschulen nicht spurlos vorbei. Es finden grundsätzliche Neudefinitionen der Aufgaben und des Selbstverständnisses von Wissenschaftlern und Studenten statt. Die Senatoren formulieren so:
"Heute an einer Hochschule zu arbeiten heißt häufig, sich ununterbrochen mit Selbstmanagement zu befassen, gezwungen zu sein, zum Reputationssammler zu verkommen (...)." [6]
"Heute an einer Hochschule zu studieren heißt, im universitären Assessment-Center unentwegt Gesten nachzuahmen, um das Ich-Kapital als einzigartig und optimierungsfähig auszuweisen." [6]
Gerade für die Studenten beschränken sich die Auswirkungen nicht nur auf das Studium selbst, sondern wirken erheblich in das Verständnis des gesamten Lebensabschnitts und die persönliche Entwicklung hinein. Auch die studentische Vertretung wandelt sich grundlegend.
"Die Inflation von projekthaft organisiertem Engagement und der Wille zur >>Partizipation<< erstreckt sich weitestgehend auf nur bedingt selbst organisierte Angebote, die sich zum einen gut im Lebenslauf machen und zum anderen oft in pseudo-kritischer Manier einer fortschrittsgläubigen Selbstbeweihräucherung anheimfallen. Die Studierendenschaft als außerparlamentarische politische Kraft und als national vernetzte Actrice hat sich weitgehend von der Bühne verabschiedet." [7]
LeuphanaWatch findet: Es sind klare Worte, die zwei erfahrene Hochschulpolitiker hier äußern. Und sie sind überfällig. Die Debatte prägten bislang umfangreiche und (selbst)beweihräuchernde Auslassungen der Befürworter der stattfindenden Entwicklung. Dass nun weitere Akteure der Gegenseite ihren Hut mit Wucht in den Ring werfen, macht Mut für die Zukunft. Zumindest verspricht es die Möglichkeit, einem wichtigen Diskurs mehr Leben einzuhauchen. Es gehört in die öffentliche Diskussion, was derzeit an den deutschen Universitäten vonstatten geht. Schließlich betreffen die Veränderungen vordergründig nur die Hochschullandschaft, wirken sich tatsächlich aber in erheblichem Maße auf die Gesellschaft als Ganzes aus. Sie muss die demokratische Kontrolle über die Zielsetzungen im Hochschulwesen wiedererlangen - eine Bestandsaufnahme samt Diskussion sind erste Schritte auf diesem Weg. Der Essay aus Lüneburger Feder kann dazu beitragen und sollte weite Beachtung finden.

LeuphanaWatch-Leseempfehlung
Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83 (erhältlich z.B. am Bahnhofskiosk, bei Unibuch oder per online-Bestellung)

Im zweiten Teil dieser Reihe geht es in der nächsten Woche um die Leuphana Universität Lüneburg als das "Viagra der Exzellenzinitiative" [8].

LeuphanaWatch dankt für den Themenhinweis.
[1] http://www.kulturgespenster.de
[2] Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83
[3] Seite 67 f.
[4] Seite 71
[5] Seite 68
[6] Seite 66
[7] Seite 66 f.
[8] Seite 73

Mittwoch, 14. März 2012

Förderung für Projektideen

Studenten der Leuphana Universität Lüneburg können ab sofort ihre Projektideen beim Studentenperlament einreichen und eine finanzielle Förderung beantragen. Darauf weist ein Aufsteller im Hörsaalfoyer hin. Bedingung dafür ist, dass das Projekt der Studentenschaft zu Gute kommt und niemanden diskriminiert.
Mehr Informationen und ein Antragsformular gibt es auf der Webseite des ASTA.

Dienstag, 13. März 2012

Der Vamos-Deal

Jetzt ist offiziell, Leuphana Universität Lüneburg und Campus Lüneburg haben sich über das Schicksal des Vamos Biergartens und die Konditionen des Deals geeinigt. LeuphanaWatch hatte schon vor Tagen exklusiv über den Durchbruch in der Vamos-Frage berichtet.

Die am gestrigen Morgen notariell besiegelte Vereinbarung (1) enthält folgende Kernelemente:
Die Vertragsparteien verständigten sich jetzt darauf, dass ein Teil der Freifläche (des Biergartens, LW) mit sofortiger Wirkung an die Universität zurückgegeben wird. Im Gegenzug erhält Campus Management eine finanzielle Entschädigung für entgangene Gewinne aus dem Biergartenbetrieb. Über die Höhe der Entschädigung, die den Berechnungen eines vereidigten Wirtschaftsprüfers folgt, haben die Parteien Stillschweigen vereinbart. (2)
Leuphana Universität Lüneburg und Campus tauschen also Zeit (der Pachtvertrag für den Biergarten lief noch bis 2014) gegen Geld (entgangener Gewinn durch frühere Rückgabe der Fläche).
Gleichzeitig wird der für die Halle (Vamos, LW) bestehende Mietvertrag um vorerst ein Jahr bis Ende 2015 verlängert.
... Auch für das Vamos gebe es nun eine klare Perspektive und ausreichend Zeit, alle Optionen für den weiteren Betrieb zu prüfen (sagt Holm Keller, LW).(2)
Der Pachtvertrag wird also um ein Jahr verlängert, so dass Campus Lüneburg genug Zeit hat, seinen Wegzug vom Unicampus vorzubereiten. Das lässt sich recht deutlich aus der LZ herauslesen, die Oberbürgermeister Mädge zitiert:
Mädge kündigt an: "Die Stadt wird dabei helfen, dem Vamos auch nach 2015 eine Zukunft in Lüneburg bieten zu können." (1)
In Lüneburg, nicht auf dem Campus. Nähere Details zu dieser Frage will Campus heute in einer Pressekonferenz bekannt geben. Mit weiteren Presseberichten ist also zu rechnen. Nicht zuletzt ist ein entscheidender und nicht zu unterschätzender Teil des Deals die Kaufoption der Leuphana Universität Lüneburg für weitere Immobilien von Campus:
Im Zuge der Verhandlungen verständigten sich Universität und Campus Management auch darüber, dass die Universität bis zum 31. Oktober 2013 Liegenschaften auf dem Campus Scharnhorststraße ankaufen kann, die sich derzeit im Besitz von Campus e. V. bzw. der Campus Management GmbH befinden. Dabei handelt es sich um das Campus Center, die sogenannte Ladenzeile, und das Gebäude 15, das derzeit als Wohnheim „Campus 1“ genutzt wird. (2)
Immobilienexperten gehen laut LZ von einem Wert von drei bis vier Millionen Euro für diese Gebäude aus. Offizielle Zahlen liegen aber nicht vor. (1) Die Kaufoption für diese Bauten ist tatsächlich ein nicht zu unterschätzender Schachzug der Leuphana Universität Lüneburg. Die Ladenzeile schiebt sich derzeit wie ein Riegel zwischen das geplante Audimax und den Bereich der Hörsäle und der Bibliothek. Außerdem ist sie mit nur einem Stockwerk (dem Erdgeschoss) eine denkbar schlechte Ausnutzung der knappen Fläche auf dem Unicampus. Ein Abriss und eine neue Bebauung durch Universitätsgebäude wäre eine sehr sinnvolle Lösung. Das gilt besonders, da auf dem Unicampus perspektivisch Platz für Entwicklungen bleiben sollte. Das muss wohl ähnlich für das Wohnheim Campus 1 gelten, welches wichtigen Platz für universitäre Nutzungen blockiert. Auch hier könnten zusätzliche Büros und Seminarräume direkt auf dem Unicampus geschaffen werden. Allerdings stellt sich vorher die Frage, wo statt dessen günstiger Wohnraum für Studenten als Ersatz geschaffen werden könnte. Warum das Wohnheim Campus 2 allerdings außen vor bleibt, erschließt sich auf den ersten Blick nicht. Vermutlich wollte der Campus e.V. es schlicht nicht abgeben - der Sanierungsstau ist in Campus 1 weit größer.

Eins überrascht dann aber doch. Es ist die scheinbare Läuterung von Vizepräsident Holm Keller. Der sagt jetzt:
Die Leuphana gewinnt durch die Option auf den Immobilienkauf Handlungsspielraum, erklärt Uni-Vizepräsident Keller: "Es geht um die Konsolidierung des Immobilien-Portfolios. Die Uni kann sich so am Standort Scharnhorststraße künftig auf eigenem Grund weiterentwickeln." Es gebe noch keine konkreten Planungen. Aber die Vereinbarung eröffne die Chance, mittel- bis langfristig bei Studentenzahlen auch räumlich ein Wachstum zu realisieren. (1)
Das hörte sich vor nicht allzu langer Zeit noch ganz anders an. Da plante Keller ein Hotel und ein weiteres Wohnheim auf dem Campus, was der ASTA seinerzeit als Platzverschwendung kritisierte. (3) Erst der Stiftungsrat stoppte das unsinnige Vorhaben und sicherte damit Flächen für eine zukünftige bauliche Entwicklung der Leuphana Universität Lüneburg.

Jetzt sichert also Holm Keller mit dem Immobiliendeal Potenziale für die Zukunft. Ein sinnvoller Schachzug, der Zustimmung verdient. Aber ist tatsächlich eine Läuterung eingetreten und Keller sichert Entwicklungsspielräume - oder will Keller lediglich Campus Lüneburg möglichst weitgehend vom Unicampus verdrängen? Letztlich kann die Motivation egal sein, die Kaufoption ist erstmal richtig.

Quellen:
(1) http://www.landeszeitung.de/lokales/lueneburg/news/artikel/handel-um-zeit-und-geld/
(2) http://www.leuphana.de/aktuell/meldungen/ansicht/datum/2012/03/12/einigung-zwischen-universitaet-und-vamos-betreibern-perfekt.html
(3) Sehr ausführlich zum Hotel Seite 26 in http://www.asta-lueneburg.de/fileadmin/images/asta2_0/sonderausgabe_campusentwicklung_online.pdf

Samstag, 10. März 2012

Absolventenjahrbuch ausgewertet

Im vergangenen Herbst berichtete LeuphanaWatch über das geplante Absolventenjahrbuch der Leuphana Universität Lüneburg. Unter dem Titel "Graduiertenkompendium 2011" wurde es dann auch mit einem Logo des Alumni- und Förderverein veröffentlicht. Verantwortlich zeichnet im Impressum aber die Marketingabteilung der Leuphana Universität Lüneburg.

Zunächst grüßt der Präsident in einer "Gratulation" alle Absolventen und legt nahe, über das Jahrbuch und den Alumniverein mit der Leuphana Universität Lüneburg verbunden zu bleiben. Sie seien "Botschafter unserer Universität".

Im Anschluss an das Grußwort von Sascha Spoun stellen sich dem Absolventen und potenziell lesenden Unternehmen zunächst die Leuphana Universität Lüneburg ("Eine Universität für das 21. Jahrhundert"), dann der Alumni- und Förderverein ("Vernetzen.Engagieren.Profitieren") vor. Es folgen eine Übersicht über die Sponsoren (u.a. Otto Group, Xing) und in bester Leuphana-Sprache Kurzportraits des College ("strukturiert um die Ecke denken"), der Graduate School ("den Horizont erweitern") und der Professional School ("Lebenslanges Lernen lernen"). Danach darf sich die Otto Group über "Nachhaltigkeit im Blick. Kooperationen mit Zukunft" über die Zusammenarbeit mit der Leuphana Universität Lüneburg auslassen ("Genauso wie die Otto Group hat sich die Leuphana das Thema Nachhaltigkeit in Verbindung mit Wirtschaftlichkeit auf die Fahnen geschrieben.").

Nun beginnt der Werbeblock, in dem zunächst nochmal die Professional School mit einem Interview mit ihrem Geschäftsführer Heiko Franken für sich selbst Werbung machen darf ("Viele Bachelorabsolventen fragen ihre zukünftigen Arbeitgeber bereits im Bewerbungsgespräch nach Möglichkeiten der Weiterbildung [...]. Hier können wir Unternehmen also in der Recruiting-Phase unterstützen."). Nach der Professional School folgen der Career Service ("Karriere planen. Orientierung finden.") und der Innovationsinkubator ("Investition in Wissen zahlt sich aus - in Wirtschaftskraft"). Das anschließende Kurzzitat der vier Dekane ermöglicht es denen gerade so, ihre Fakultät in aller Kürze zu umreißen. Darauf folgen mehrere Seiten Werbung der Sponsoren des Jahrbuchs und dann (mehr oder weniger) "wissenswert und interessant. Zahlen, Daten, Fakten" zur Leuphana Universität Lüneburg und der Hansestadt.

Nach diesen ersten 40 Seiten folgt eine Darstellung der Absolventen. Mit dabei sind nur all jene, welche sich freiwillig angemeldet haben. Für jede einzelne Person sind ein Foto, Name und Abschluss, Studiengang mit Schwerpunkten, das Thema der Abschlussarbeit und eine eMailadresse angegeben. Interessant ist eine Auswertung der Beteiligung (Zahl der aufgelisteten Absolventen).

Ingenieurwissenschaften: 39
Informatik und Wirtschaftsinformatik: 9
Kultur- und Medienwissenschaften: 80
Lehrerbildung und Bildungswissenschaften: 71
Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaften: 19
Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften: 141
Gesamtzahl: 359

In der Landeszeitung spricht die Leuphana Universität Lüneburg großzügig gerundet von 400 Absolventen, die im Jahrbuch dabei sind [1]. Bei der Absolventenfeier waren immerhin 600 Absolventen anwesend [2]. Insgesamt gab es laut der Statistik der Leuphana Universität Lüneburg rund 1000 Absolventen, die im Sommersemester 2011 ihr Studium abschließen konnten [3].

LeuphanaWatch fragt: Ist die Beteiligung an Jahrbuch und Feier eine gute Quote? Und was verrät die unterschiedliche Beteiligung?

Quellen
[1] "400 Absolventen auf einen Blick", Landeszeitung 24.11.2011, S. 4
[2] "Bildung bedeutet Verantwortung", Landeszeitung 28.11.2011, S. 5
[3] http://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/INTRANET/verwaltung/statistik-zahlenspiegel/statistiken/20111_Absolventen.pdf

Donnerstag, 8. März 2012

Durchbruch in der Vamos-Frage

Holm Keller, der Vizepräsident der Leuphana Universität Lüneburg, hatte bislang ein Problem mit dem Bau des Zentralgebäudes. Zwar macht die Baustelle Fortschritte, aber der Biergarten des Vamos muss für die Baugrube weichen. Sonst kann nicht gebaut werden. Das Grundstück des Biergartens ist aber (wie das Vamos selbst) bis 2014 an Campus Lüneburg verpachtet und das Unternehmen wollte bislang seinen Biergarten nicht früher hergeben. Seit Jahren kursieren immer wieder andere Optionen für eine Lösung über den Campus. In den vergangenen Wochen wurde hinter den Kulissen nun unter erheblichem Zeitdruck intensiv verhandelt. Campus strebte eine Verlängerung des Pachtverhältnisses an, Holm Keller benötigt sofort die Fläche mit dem Biergarten. [1]

Anfang März spekulierte die Landeszeitung plötzlich über "fünf häufig genannte" Standortalternativen für das Vamos. Genannt wurden der Unicampus Volgershall, der Sportpark Kreideberg, die Sporthalle der Schlieffen-Kaserne, das Kulturforum Gut Wienebüttel und ein Neubau auf den neben dem Vamos liegenden Brachflächen der Landeskrankenhilfe. Alternativ konnte sich die LZ auch eine Vertragsverlängerung am derzeitigen Standort als "nicht vollkommen unwahrscheinlich" vorstellen.[2] Undenkbar, dass derlei Gedankenspiele ohne wohlwollende Signale aus dem Leuphana-Präsidium, dem Rathaus oder gar von Campus Lüneburg erfolgt sind. Es wird sich um einen Testballon gehandelt haben, um die Öffentlichkeit vorsichtig auf mögliche Szenarien vorzubereiten.

Wie LeuphanaWatch nun exklusiv berichten kann, ist nach wochenlangen harten und komplizierten Verhandlungen nun im letzten Moment der entscheidende Durchbruch gelungen. In Gesprächen der Leuphana Universität Lüneburg mit der Campus Management GmbH und unter Mitwirkung der Hansestadt Lüneburg gelang es vor einigen Tagen eine Lösung zu finden. Diese ermöglicht den zeitnahen Baubeginn für das Zentralgebäude und bietet auch für Campus Lüneburg eine akzeptable Perspektive. Vizepräsident Holm Keller wirkte nach offenbar nervenaufreibenden Wochen sichtlich erleichtert über den Durchbruch bei den Verhandlungen, wie gut informierte Kreise auf dem Campus LeuphanaWatch exklusiv berichteten. Schon in Kürze soll das Verhandlungsergebnis der Öffentlichkeit präsentiert werden. Aus Gründen der Fairness möchten wir nicht vorgreifen...

Nachweise:
[1] "Poker um die Vamos-Zukunft" vom 03.02.2012, LZ Seite 4
[2] "Kulturhalle sucht Zukunft" vom 01.03.2012, LZ Seite 1 & 3

Mittwoch, 7. März 2012

Rechtsprüfung: STUPA-Deal ist ungültig

Die auf der letzten Sitzung des Studentenparlaments erfolgte Beschlussfassung zur Einrichtung eines ASTA Referats für Presse und Öffentlichkeit (LeuphanaWatch berichtete) ist nicht rechtmäßig. Zu diesem Ergebnis kommen Justiziariat und Innenrevision der Leuphana Universität Lüneburg, wie jetzt aus STUPA-Kreisen bekannt wurde. Grund sind offenbar schwere Verfahrensfehler. (1) Zusammenfassend heißt es:
... halte ich die Beschlussfassung ... für nicht rechtmäßig. Der Beschluss ist daher ungültig und muss in der nächsten Sitzung ... nachgeholt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte auch eine schriftliche Aufgabenbeschreibung vorliegen und überlegt werden, wie die finanzielle Ausstattung dieses neuen Referats, evtl. über einen Nachtragshaushalt finanziert werden kann. Diese
Auffassung teile ich auch mit meinem Kollegen (Name entfernt, LW), der für die Rechtsaufsicht in Haushaltsangelegenheiten zuständig ist. Nur wenn diese Formalien eingehalten sind, kann das neue Referat ordnungsgemäß eingerichtet werden. (2)
Die Prüfung in Auftrag gegeben hatte der Vorsitz des Studentenparlaments, nachdem eine Beschwerde bei ihm eingegangen war. (2) Dabei dürfte es sich um die Intervention einer Abgeordneten der Liste QuattroFAK handeln, die über den offenen Verteiler des Studentenparlaments bereits am 23. Februar verschickt wurde. Am folgenden Tag meldete sich der Finanzreferent des ASTA zu Wort und ließ durchblicken, dass auch er eine juristische Prüfung für sinnvoll hält. In seiner eMail heißt es:
Das StuPa hat zu diesem Tagesordnungspunkt im juristischen Sinne nicht korrekt gearbeitet. Das politische Ziel war es, den sich über Wochen hinziehenden Prozess einer Wahl des AStA durch eine politische Kompromisslösung – jeder bekommt ein Amt – zu lösen. Der Wille, eine konstruktive Zusammenarbeit zu ermöglichen und dabei möglichst wenig gegen geltende Satzungen und Ordnungen zu verstoßen war aus meiner Sicht der Sinn dieser Sitzung. Alle Parlamentarier*innen sollten sich daher fragen, ob sie diese Abmachung wollen. Juristisch war dies unsauber eingefädelt. Hier bleibe ich bei meiner geäußerten Aussage, dass es sich hier um eine Gratwanderung handelt.

Ich sehe es mit Bedauern, falls von einzelnen Personen so getan wird als sei alles juristisch korrekt abgelaufen. Daraus leite ich ab, dass selbige Personen dieselbe Herangehensweise wählen würden, falls sich das StuPa nicht in einer ähnlichen außergewöhnlichen Situation befinden würde. Falls unter den Parlamentarier*innen das gewählte Vorgehen nicht politisch und der wochenlangen Patt-Situation geschuldet sehen sondern als „kein Fehler vorgefallen“ abtun stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob satzungs- und ordnungswidriges Handeln auch rechtswidrig (...) ist.

Ich würde mich von allen Seiten um politische Signale freuen, dass unter normalen Umständen es zukünftig nicht mehr zu derartigen Gratwanderungen kommen wird. Diese politischen Signale sollten auch aufzeigen, dass sich das StuPa nicht in einer kontinuierlichen Ausnahmesituation befindet. Sonst sehe ich eine tiefere Prüfung dieses Vorganges als unbedingt erforderlich an. (3)
Nach dem wochenlagen Tauziehen um die Wahl von ASTA Sprechern scheint nun auch der gestoppte Deal dem neuen Parlament kein Glück zu bringen. Im Gegenteil, es scheint viel Porzellan zerschlagen worden zu sein. Ein scheidender ASTA Sprecher formulierte es in einer eMail an die Parlamentarier so:
Was (...) die Zusammenarbeit zwischen den Gremien erfordert, bin ich entsetzt! Es ist eine Zumutung und ein Vertrauensbruch, dass nicht im Vorfeld mit dem AStA, insbesondere den direkt betroffenen Referaten gesprochen wurde. Die AStA-Sitzung, welche parallel tagte, wurde durch einen Parlamentarier der zufällig wegen einer anderen Sache hereinkam beiläufig informiert, dass gerade ein neues Referat gegründet und besetzt wurde. Auch für die Studierenden ist der Prozess absolut intransparent, wer Interesse an den Themenbereichen des neuen Referats hat, hatte keine Chance den ReferentInnenposten zu bekleiden. (...) Mein Vertrauen als Mitglied des AStA und als Student dieser Universität in die Arbeit meines Studierendenparlaments ist durch diese Aktion deutlich verletzt. (4)
LeuphanaWatch hofft, dass sich die Studentenvertreter zeitnah auf eine tragfähige Arbeitsebene verständigen können. Es wäre sehr bedauerlich, wenn das studentische Engagement durch dauerhafte Querelen zwischen den Vertretern beschädigt würde. Es gibt an der Leuphana Universität Lüneburg genug Themen, die dringend von einer funktionierenden Studentenvertretung in Angriff genommen werden müssten!

Quellen
(1) LeuphanaWatch dankt für die Erklärung.
(2) eMail des Parlamentsvorsitzes an die Parlamentarier vom 5.3.12; LeuphanaWatch liegen augenscheinlich nur Auszüge vor, an deren Richtigkeit wir jedoch keinen Zweifel hegen.
(3) eMail des Finanzreferenten über den studierendenparlament@leuphana.de Verteiler vom 24.2.12
(4) eMail eines scheidenden ASTA Sprechers über den Studentenparlamentsverteiler vom 23.2.12

Montag, 5. März 2012

Björn Adam: Tanz auf vielen Hochzeiten

Björn Adam ist Student der Leuphana Universität Lüneburg. In den vergangenen Wochen ist er als einer der Schlüsselakteure im Studentenparlament aufgefallen, als es um die hart umkämpfte Besetzung der ASTA Sprecher ging [1]. Der kuriose Kompromiss der Politiker beförderte Adam ganz nebenbei zum stellvertretenden ASTA Referenten für Öffentlichkeit und Presse. Aber wer ist dieser interessante junge Mann?

Björn Adam ist 22 Jahre alt und studiert nach eigener Auskunft Wirtschaftsrecht, Nachhaltigkeit und Business Administration an der Leuphana Universität Lüneburg und der Bifröst University in Island. [2, 3] Außerdem ist er "Unternehmer im Marketing" [2], ihm gehört die 2008 gegründete "Adam art design" [3].

Laut Selbstbeschreibung ist Adam im Studentenparlament aktiv [2]. Im Sommer 2011 wurde er erstmals ins STUPA gewählt [4], was ihn in der Landeszeitung vor einigen Wochen gleich zum erfahrenen Abgeordneten machte [5]. Als Parlamentsmitglied gehörte er dem Zentralausschuss an [6].

Die Wiederwahl ins Studentenparlament im Dezember letzten Jahres verpasste Adam jedoch. Direkt gewählt wurde er ausweislich des aktuellen Wahlergebnisses nicht mehr, sondern ist lediglich als Nachrücker seiner Liste "Grüner und autofreier Campus" aufgeführt [7]. Dennoch soll er als Verhandlungspartner eine wichtige Rolle spielen. LeuphanaWatch kann das nähere Wirken auf den Sitzungen nicht genau nachvollziehen, da die entsprechenden Protokolle nach wie vor nicht online zur Verfügung gestellt wurden [8]. Allerdings belegen mehrere eMails über einen Verteiler der Leuphana Universität Lüneburg das Engagement von Björn Adam. Es handelt sich um einen Schlagabtausch zwischen ihm und Parlamentsmitglied Daniela Steinert, welche die Gründung des neuen ASTA Referats mit Adam als Stellvertreter für ungültig hält [9].

Auch und vor allem außerhalb der Leuphana Universität Lüneburg bekleidet Björn Adam verschiedene Ämter. So ist er Mitglied im Stadtrat der Hansestadt Lüneburg [10] sowie im Kreistag des Landkreises [11]. In diesen Funktionen ist Adam in mehreren Ausschüssen der Komunalpolitik vertreten. Es handelt sich nach eigenen Angaben um:
  • Ausschuss für Raumordnung, Wirtschaft, Touristik, Verkehrsplanung und ÖPNV
  • Ausschuss für Umweltschutz, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, Agenda 21 u. Verbraucherschutz
  • Ausschuss für Raumordnung und Erneuerbare Energien [2]
Damit nicht genug. Hinzu kommt das Amt des ersten Vorsitzenden im Stadtjugendring Lüneburg [12].

LeuphanaWatch stellt fest: Jedes einzelne dieser Ämter würde andere Personen mitunter gut auslasten. Bei Björn Adam sind es ziemlich viele Ämter und übernommene Aufgaben gleichzeitig, ein Tanz auf vielen Hochzeiten. Hoffentlich sind es nicht zu viele. Es bleibt dem jungen Mann zu wünschen, dass er sich nicht verzettelt und vor allem nicht übernimmt. Schließlich muss er auch noch studieren.

[1] LeuphanaWatch dankt für den Hinweis.
[2] http://gruene-lueneburg.de/kreistagsfraktion/abgeordnete/bjoern-adam/
[3] http://www.adam-artdesign.de/uber-uns/
[4] http://www.asta-lueneburg.de/fileadmin/images/wahlen/Wahl_SoSe_2011/2011_06_06_Endgueltiges_Wahlergebnis.pdf
[5] Landeszeitung 20.01.12
[6] http://www.leuphana.de/stupa/ausschuesse.html, Stand vom 08.11.2011
[7] http://www.asta-lueneburg.de/fileadmin/images/wahlen/Wahl_WiSe_2011_12/2011-12-16_endgueltige_Festellung_Wahlergebnis.pdf
[8] Vergleiche http://www.leuphana.de/stupa/protokolle.html, abgerufen am 03.03.2012.
[9] Mehrere eMails vom 23.02.2012 über studierendenparlament.L@leuphana.de
[10] http://www.stadt.lueneburg.de/bi/pa021.asp
[11] http://www.lueneburg.de/desktopdefault.aspx/tabid-887/
[12] http://www.stadtjugendring-lueneburg.de/?page_id=14

Samstag, 3. März 2012

Stimmen zur Konferenzwoche

Die diesjährige Konferenzwoche zum Motto "Casino Global" (1) ist vorbei. LeuphanaWatch hat undercover einige Stimmen gesammelt.
Ich fand das Thema super. Es hat richtig Spaß gemacht.
Die Eco-Fashion Show war total spannend und die Stimmung toll. Nur etwas viel Vorlauf, bis es endlich los ging.
Wirtschaft ohne Wachstum, warum beschäftigen sich unsere Profs nicht damit?
Dieses Pseudogetue mit der Anwesenheitskontrolle war total unnötig, wenn mich einer fragt.
Endlich standen wir im Mittelpunkt. Bei der Startwoche ging es nur um Werbung für die Leuphana.
lunatic Spielwiese? Jo, is cool.
Nachhaltigkeit kann ich nimmer hören.
Mich haben die Vorträge von den eingeladenen Experten interessiert und viele haben wirklich gut erklärt, denn ich konnte das Meiste ganz gut verstehen. War top.
Manchmal war im Hörsaalgang echt nix los, gerade wenn Veranstaltungen waren.

LeuphanaWatch freut sich über weitere Stimmen und Meinungen.

(1) http://www.leuphana.de/konferenzwoche-2012.html

Donnerstag, 1. März 2012

Land unter im Parkhaus

"Ist das Parkhaus wirklich undicht? Ist es wirklich so kaputt wie behauptet wird?"
Solche Fragen hört man öfter auf dem Campus der Leuphana Universität Lüneburg. Dabei liegt die Antwort auf der Hand und ein Besuch des Gebäudes spricht für sich. Und schon wieder gibt es Neuigkeiten zum Zustand des Parkhauses neben der Mensa zu berichten. Im ebenerdigen Parkbereich des laut Holm Keller "ganz guten" Gebäudes steht in Teilbereichen das Wasser.
Die Untiefen des Hochschulbauwesens; Foto: [1]

Wie kommt es dorthin und warum gibt es keinen Abfluss? Fragen über Fragen. Über die Antworten kann derzeit nur spekuliert werden. Aber es stellen sich weitere Fragen und die haben damit zu tun, wie sinnvoll das Gebäude überhaupt geplant wurde. Besonders auffällig ist die Beleuchtung, die von außen am Gebäude angebracht ist.
'Marke Eigenbau'; Foto: [1]

Eine Lampe auf einer Dachlatte, die mit Kabelbindern an der Fassade befestigt ist. Das mag eine innovative und kreative Problemlösung sein, aber kaum den hohen ästethischen Ansprüchen der Leuphana Universität Lüneburg genügen. Hat man also kurzerhand die Lampen bei der Planung vergessen, oder handelt es sich seit Monaten um eine Übergangslösung? Wie viele Monate nach der feierlichen Eröffnung dürfen noch vergehen, bevor das Gebäude endlich in einen akzeptablen Zustand gebracht wird?

Diese neuen Beobachtungen stehen bekanntlich nicht allein. Bereits vor Wochen fragte LeuphanaWatch, ob das Parkhaus bereits eine Bauruine sei. Vizepräsident Keller wollte das nicht kommentieren und schwieg. Dann ereignete sich ein Rohrbruch im Technikgebäude, welches zum Parkhaus gehört. Es soll nicht der erste gewesen sein, heißt es auf dem Campus hinter vorgehaltener Hand. Langsam dürften Zweifel aufkommen, ob die verantwortlichen Beteiligten zu einer Behebung der Probleme in der Lage sind.

Dabei ist es höchste Zeit das Parkhaus endlich zu öffnen!

LeuphanaWatch berichtete bereits, dass die Leuphana Universität Lüneburg die nötige Parkplatzzahl nicht nachweisen kann. Das führt, gerade auch in der Konferenzwoche, zu erheblichem "Wildparken", unnötigem Verkehr bei der Parkplatzsuche und zu einer Belastung von Anwohnern, Autofahrern und Uniangehörigen. Dabei gibt es eigentlich gesetzliche Regelungen, die solche Situationen verhindern sollen. Aber Leuphana Universität Lüneburg und die Hansestadt drücken mehr als beide Augen zu. Spätestens bei der ersten Anwohnebeschwerde werden sie das nicht mehr durchhalten können.

[1] LeuphanaWatch dankt für das übermittelte Bild. Der Fotograph möchte anonym bleiben.